Wir alle haben in der Schule gelernt, dass Wasser aus dem Wasserhahnen bei einer Temperatur von 100°C siedet. Durch die zugeführte Wärme beginnen sich die Wassermoleküle immer stärker zu bewegen, bis sie den Kontakt zueinander verlieren: das bedeutet, dass ein guter Teil des Wassers vom flüssigen in den gasförmigen Zustand gewechselt hat, und die Dampfblasen, die sich am Topfboden bilden, steigen auf und platzen an der Oberfläche. Der Wechsel in einen anderen Aggregatszustand benötigt Energie, aber wenn das Wasser im Topf einmal am Sieden ist, wird es nicht mehr heisser, auch wenn man es höher aufwallen lässt. Die Energie, die man ihm zusätzlich zuführt, bewirkt nur, dass es stärker verdampft.
Nun versteht man, weshalb sich keine Zeitersparnis ergibt, wenn man die Speisen bei sehr hoher Temperatur kocht. Reduziert man das Gas oder die Stomzufuhr der Herdplatte kurz bevor das Wasser brodelt, spart man nicht nur Energie mit dem Herd, sondern auch weil weniger Dampf entsteht und man deshalb die Dunstabzugshaube nicht auf voller Stärke laufen lassen muss. Gerade im Winter hat der übermässige Gebrauch des Dunstabzugs einen Verlust der Heizenergie zur Folge, da die warme Innenluft nach draussen befördert wird.
Eine Frage des Luftdrucks
Es ist in der Tat der atmosphärische Druck, der bewirkt, bei welcher Temperatur Wasser kocht, denn der Luftdruck "drückt" auf den Dampf. Mit zunehmender Höhe sinkt der Luftdruck, und dies bedeutet, dass der Siedepunkt für Wasser pro 300 Höhenmeter um jeweils ein Grad Celsius tiefer liegt. Sein Siedepunkt liegt zum Beispiel auf 2000 Meter über Meer bei 93°C, auf dem Gipfel des Mont-Blanc bei 85°C und auf der Spitze des Mount-Everest kocht Wasser bereits bei 72°C – und wird dabei nicht mehr heisser. In einem Dampfkochtopf hingegen kann Wasser eine Temperatur von 120°C erreichen, und deshalb ergibt sich hier eine verkürzte Kochzeit der Speisen.
Zucker und Salz erhöhen den Siedepunkt
Gibt man dem Wasser Zucker oder Salz zu, erhöht sich sein Siedepunkt. Auf diesem Prinzip beruht das Zuckerthermometer. Es wird insbesondere zur Temperaturmessung der Konfitüre während des Kochvorgangs benutzt: Je mehr Flüssigkeit verdampft, umso konzentrierter wird der Zuckergehalt der Konfitüre, und umso heisser ist die Masse. Wenn das Thermometer 105° anzeigt (die Temperatur ist je nach Rezept unterschiedlich), weiss man, dass die richtige Zuckerkonzentration erreicht ist und die Konfitüre die gewünschte Konsistenz hat.
Nudeln mit wenig Wasser kochen
Beim Kochen von Nudeln reicht die zugefügte Menge Salz nicht aus, um den Siedepunkt signifikant zu erhöhen (weniger als ein Grad Celsius). Salzt man das Wasser, hat dies demzufolge kaum einen Einfluss auf die Kochzeit und auch nicht auf die Beschaffenheit der Nudeln. Salzt man die Teigwaren jedoch erst nach dem Kochen, merkt man dies beim Kauen, denn sie sind innen ganz fade.
Für gewöhnlich kocht man die Pasta in viel Wasser in einem grossen Kochtopf ohne Deckel, damit nichts überläuft, und man glaubt, dass dies die Voraussetzung für das Gelingen eines Nudelgerichts ist. Teigwaren können aber auch anders gekocht werden, ohne Energie zu verschwenden.
Es ist durchaus möglich, Nudeln in nur 1,5 oder 2 Liter Wasser zu kochen, wenn man vermeidet, dass das Wasser zu stark sprudelt. Und bleibt man unter dem Siedepunkt, kann sogar ein Deckel verwendet werden – was den Energieverbrauch noch einmal senkt. Allerdings sollten die Nudeln von Zeit zu Zeit mit einem Kochlöffel umgerührt werden, damit sie nicht am Topfboden anhaften. Es gibt sogar Rezepte für kurze Pasta (Penne, Makkaroni, Farfalle), bei denen so wenig Wasser verwendet wird, dass am Ende der Kochzeit nichts abgeschüttet werden muss, genau wie bei einem Risotto. Die gesamte Stärke bleibt so im Kochtopf und trägt zur Cremigkeit der Sauce bei.
Kocht man die Nudeln in einem normal grossen statt in einem hochwandigen Topf, trägt ebenfalls dazu bei, den Energieverlust zu vermindern. Denn die Topfwände aus Metall geben Wärme an die Umgebung ab, ähnlich wie ein Radiator.